Eine sehr einfache Möglichkeit der Aufzucht von Larven von Lysmata boggesi (?)

  • Hallo, schönen Sonntag!





    In der letzten Zeit (Zeitraum ca. zwei einhalb Monate) habe
    ich mich wieder an der Vermehrung meiner Garnelen aus dem Wurdemanni-Komplex
    (vermutlich L. boggesi) versucht. Ich hatte dabei diesmal nicht unerhebliche
    Schwierigkeiten und möchte neben meiner zurzeit bevorzugten Methode auch einige
    Erfahrungen für interessierte Aquarianer schildern, die sich ebenfalls an der
    Aufzucht der Larven versuchen möchten.



    Die ersten Versuche habe ich diesmal mit 25l-Standardbecken
    (40x25x25) gemacht, die ca. ein Drittel bzw. bis zu 50% mit Wasser gefüllt
    waren. Belüftet wurde mit groben Luftblasen über ein starres
    4mm-Plastikröhrchen, das in der Mitte des Beckens am Boden lag. Teilweise wurde
    Phytoplankton verwendet, teilweise auch darauf verzichtet. Gefüttert wurde
    ausschließlich mit lebenden Artemia-Nauplien („AF“), zunächst frischgeschlüpft,
    später auch gemischt mit solchen, die nach der „Kühlschrank-Methode“ (Wolfgang
    Mai beschreibt diese in mehreren „Koralle“-Bändchen) angereichert wurden.



    Der schwerste Fehler bestand darin, dass ich teilweise viel
    zu viele Luftblasen eingestellt hatte. Zwar schwammen die Larven stets weiter,
    nachdem sie mit den Blasen in Berührung kamen und herumgewirbelt wurden, aber
    mit der Zeit war deutlich zu erkennen, wie den Larven nach einigen Tagen (nach
    ca. 10 Tagen war es stets am schlimmsten) die verlängerten Gliedmaßen fehlten.
    Zwar wachsen diese nach, aber dieser Vorgang kostet die Larve viel Energie, sie
    wächst viel langsamer bzw. wandelt sich später um oder schafft es gar nicht bis
    zur Metamorphose.



    Ein weiteres Problem bei den 25l-Rechteckbecken besteht
    meiner Erfahrung nach darin, dass die Scheiben (v.a. der Boden) stark
    verdrecken und man da sehr dahinter sein muss, nicht zu viele Algen am Boden
    und auf den Seitenscheiben aufkommen zu lassen, damit einerseits die Larven
    nicht daran hängenbleiben und verenden, andererseits verfangen sich aber auch
    viele Artemia-Nauplien in dem wachsenden Algenteppich und sterben dort, ohne von
    den meisten Larven noch gefressen werden zu können.



    Auch ist es sehr schwierig, Wasser für den Wasserwechselt
    abzusaugen, ohne Larven mit einzusaugen. Arbeitet man mit einem Sieb vor der
    Ansaugung des Schlauchs, so erwischt man dafür nicht genügend alte
    Artemia-Nauplien, die für die Larven nur mehr wenig Nährwert haben und mit der
    Zeit werden es zu viele Nauplien, sodass die Wasserqualität verschlechtert wird
    und die Garnelenlarven sich mit Futtertieren satt fressen, die größtenteils kaum
    noch Nährwert haben. Außerdem ist das Wasservolumen und die Grundfläche der
    Becken auch verhältnismäßig so groß, dass man selbst bei wenigen Larven aus
    einem Wurf, die man aufziehen möchte, einen nicht zu unterschätzenden Aufwand
    bei der „Wartung“ der Becken hat.



    Kurzum, durch Zufall bin ich auf eine Methode gekommen, die
    zwar nicht sehr effizient/ergiebig ist, aber einige entscheidende Vorteile hat:
    der Aufwand ist minimal, es wird wenig Salz für den täglichen Wasserwechsel
    benötigt (Kosten!) und die Gefahrenquelle der zu stark eingeschränkten
    Luftblasen wird ausgeräumt.






    Auf der mittleren Etage eines Aquarienregals (Temperatur
    konstant bei ca. 24-25 Grad) befinden sich auf den Glas-Abdeckscheiben der
    Becken bei mir mehrere 1 Liter fassende Messbecher aus Plastik, die im
    Dauerbetrieb zu genau 400ml gefüllt sind. In diese überführe ich die Larven
    nach dem Schlupf rein mit dem Wasser aus dem Becken, in dem sie geschlüpft
    sind. Das Überführen der Larven ist sehr leicht, wenn diese nach Abschalten der
    Beleuchtung bei ausgeschalteter Strömung mit einer Taschenlampe an eine Stelle
    an die Oberfläche des Wassers gelockt werden, an der sie mit einem kleinen
    Becher abgeschöpft werden. Absaugen geht auch, möglicherweise verletzt man
    dabei aber die eine oder andere Larve, weshalb ich diese Methode normalerweise
    nicht anwende.



    Die Larven werden in den Gefäßen täglich mit frisch geschlüpften
    Artemia-Nauplien guter Qualität gefüttert, nach einigen Tagen werden auch
    ältere Nauplien gefüttert, die zuvor angereichert wurden. Setzt man dem Wasser
    Phytoplankton zu, wachsen die Garnelen schneller, es geht aber auch ganz ohne
    Phytoplankton. Belüftet wird gar nicht (!). Durch das Auf- und Zuschieben der
    Abdeckscheiben, auf denen die Messbecher stehen, kommt aber immerhin mehrmals
    täglich etwas Bewegung ins Wasser. Veralgt einer der Messbecher mit der Zeit zu
    stark am Boden, so werden die Larven einfach in einen „frischen“ Messbecher
    überführt und der alte kommt in den Geschirrspüler. Dabei kann man das
    Altwasser auch durch ein Artemia-Sieb lassen, um möglichst wenige
    Schwebeteilchen und alte Nauplien mit in den neuen Becher zu überführen.



    Täglich wird ca. die Hälfte bis zwei Drittel des Wassers
    gewechselt. Davor wird mit Süßwasser soweit wieder aufgefüllt, bis man an der
    Markierung ist, bis zu der man den Messbecher mit den Larven mit Wasser gefüllt
    hat. So bleibt der Salzgehalt stets konstant (bei mir wie in nahezu allen Becken
    zwischen 34 und 35 Promille) Hier helfen die Markierungen des Messbechers
    natürlich sehr! Will man es „ordentlich“ machen, so saugt man auch den Boden
    und die alten Nauplien mit einem starren 4mm-Luftröhrchen ab, dazu verwende ich
    eine Taschenlampe, die die Garnelenlarven an eine Seite des Bechers lockt. So
    kann man nur schwer Larven einsaugen. Hat man wenig Zeit, so kann man auch
    vorsichtig Wasser direkt wegleeren, indem man den Messbecher schräg hält und
    z.B. in einen Altwasser-Kübel entleert. Gutes Licht hilft auch hier, damit
    nicht versehentlich Larven mit weggeschüttet werden.



    Nach dem Absaugen des Wassers wird mit einem kleinen Becher
    (bei mir ein weiterer Messbecher mit einem Fassungsvermögen von 125ml) wieder
    Wasser aufgefüllt; ich mache dies meist auf drei oder vier Schritte, die Larven
    sind da aber eigentlich nicht besonders empfindlich. Ich verwende zunächst
    eingefahrenes Wasser aus laufenden Becken (nicht unbedingt aus jenem, in dem
    die Larven zur Welt gekommen sind) und zum Schluss noch ca. 10 Prozent
    Frischwasser, das ich stets in einem größeren Eimer bereit halte, um nicht
    jeden Tag neues Meerwasser ansetzen zu müssen. Das Frischwasser steht bei mir
    mind. 24 Stunden, bevor ich es für den Wasserwechselt bei den Larven verwende.
    Beim Auffüllen muss man sehr vorsichtig sein, um die Larven nicht zu verletzen!
    Nur allzu leicht verlieren sie ihre Scheren, wenn man allzu schnell Wasser
    nachleert.



    Je größer die Larven werden, desto weniger ziehe ich pro
    Messbecher groß, weil sich die wachsenden Larven doch immer wieder in die
    Mangel bekommen. Hat sich eine Larve erst einmal umgewandelt, so gebe ich ihr
    meistens ein kleines Stück Algen mit in den Becher und warte einen Tag ab.
    Danach wir d die Larve langsam an das Wasser des Beckens gewöhnt, in das sie einziehen
    soll und nach dem Angleichen überführt.



    Inzwischen habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass es für
    die Larven besser ist, die ersten Häutungen z.B. in einem Einhängenetz eines
    laufenden Beckens zu verbringen, das mit etwas Bodengrund, einigen leeren
    Schneckenhäusern, kleinen Höhlen o.ä. und evtl. ein paar Höheren Algen gefüllt
    ist. So sind die Larven vor räuberischen Kleintieren sicher, die in jedem
    länger laufenden Becken leben, während sie noch klein und schwach sind. Ich
    habe leider nicht wenige umgewandelte Junggarnelen „nie wieder gefunden“,
    nachdem ich sie in ein laufendes Becken ohne Fische bzw. nur sehr jungen
    Fischen überführt habe. Möglicherweise waren es auch allzu große Glasrosen,
    denen einzelne Junggarnelen nicht standhalten konnten.



    Fazit: sehr ergiebig ist die beschriebene Methode leider
    nicht und auch hier gibt es immer wieder Verluste bei den Larven. Allerdings ist
    das Ganze so wenig aufwändig, dass es sehr gut „nebenbei“ geht und einige
    Larven bekommt man doch immer wieder über die Metamorphose. Die Aufzucht in
    Messbechern ist einfach aufgrund des geringen Wasservolumens sehr überschaubar
    und kontrolliert.



    Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass ich Garnelen
    aus dem Wurdemanni-Komplex für die erste Wahl halte, wenn es um die Dezimierung
    und Vernichtung von Glasrosen geht. Zumindest sofern man keine Fressfeinde wie
    Mirakelbarsche oder bestimmte Arten von Korallenwächtern im Becken hat. Die Garnelen
    sind nicht nur sehr hübsch zum Ansehen (finde ich jedenfalls), sondern
    hinsichtlich der Ansprüche an Futter und Schwankungen in der Wasserqualität
    sehr leicht zufriedenzustellen. Die Garnelen schädigen niemanden und fressen
    obendrein Essensreste weg – es gibt wenige Becken, in die sie nicht „passen“.
    Ob sie größere Anemonen schädigen, kann ich leider nicht sagen, ich musste
    diese Erfahrungen noch nicht machen, möglicherweise aber auch nur deshalb
    nicht, weil alle von mir gepflegten Anemonen von Clownfischen besetzt sind.



    Bitte prangert mich hier nicht als Tierquäler an, weil ich
    Garnelenlarven in so extrem wenig Wasser aufziehe. Die Alternative besteht
    meist darin, die Larven über Nacht vom Filter oder Ablauf töten zu lassen.
    Außerdem sind die Larven nur bis zur Umwandlung im Messbecher, später bekommen
    sie ihrer Größe entsprechend ausreichend Große Aquarien, die gut strukturiert
    sind (60 Liter und später ab 100 Liter).



    Liebe Grüße,



    Stefan

  • Hi Stefan!
    Ich hielt sie in einem 12l Aqua! Jedoch hatte ich ein mal einen fast totalausfall duch unachtsamkeit! Ich hielt die letzte Larve bis zur Umwandlung in einer Mokkatasse!
    Noch besser wäre ein Kreisel! Da sind sie immer in Schwebe und der Wasserwechsel ist einfacher!
    Super bericht!

    Liebe Grüsse
    Martin :prost:


    160x60x60, 112l Technikbecken, 2x Tunze 6060, Devil D3000 Förderpumpe,Red Devil Abschäumer RDC-850, 3x165W Chinaled, 4x 24W T5, Pelletsfilter, temperaturgesteuerte Ventilatorkühlung und einige Zuchtbecken sowie Planktonröhren

  • Hallo,
    das ist ja ein Zufall. Ich wollte eigentlich noch ein paar Tage warten,aber jetzt muss ich doch mal kurz meinen Senf dazu geben ;)
    Ich habe seid dem 2.2. auf der Fensterbank eine Glasvase stehen, mit Phytoplankton, Copepoden und täglich frisch geschlüpften Artemien. Die Tierchen um die es eigentlich geht sind L. amboinensis. Ich kenne die Berichte, dass man sie kaum/nicht groß kriegt und doch, Versuch und Irrtum, so kommt man irgendwann vielleicht zum Ziel.
    Aufgefallen ist mir bei einem kleinen Versuch, ich hatte ein paar Larven abgeschöpft und in einem ganz kleinen Döschen ca 200ml gehältert um sie am nächsten Tag an die Fische zu verfüttern. Ich habe etwas Phytoplankton reingetan und festgestellt, dass sie am nächsten Tag immer noch gelebt haben, also doch kein Fischfutter, irgendwie sind die Winzlinge ja doch ganz nett. Also statt dessen ein paar Artemien rein. So hab ich das knappe 9 Tage betrieben und auch festgestellt, dass die Larven sich weiterentwickelt haben. Dann sind sie wohl aufgrund der starkten Dichteschwankungen des sehr kleinen Volumens alle gestorben.
    Bei dem 2. Versuch ist das Gefäß etwas größer. Ich habe ca 20 Larven abgeschöpft und in 1 l Aquarienwasser in besagte Glasvase gegeben dazu kam Phytoplankon, dass Pipettenweise reingegeben wurde. Auf dem Vorsprung vor dem Fensterbrett unter dem die Heizung ist ( Wasser konstant bei 26 Grad) steht das ganze nun seit dem 2.2. . Jeden Tag füll ich 2 mal das verdunstete Wasser auf und gebe ein paar Artemien dazu. Eine Menge Copepoden flitzen am Glas entlang.
    Die Larven haben sich weiterentwickelt und schwimmen munter herum. Es sind zwar nicht mehr alle da, aber so 14 hab ich wohl noch gezählt.
    Alle paar Tage sauge ich etwas Schmutz mit einer Pipette ab und fülle es mit Aquarienwasser wieder auf.
    Heute habe ich das Volumen in der Glasvase etwa auf das doppelte erhöht, auch mit Aqurienwasser.
    Ich werde erst mal fortfahren wie bisher, mal schaun wie sich die Larven weiter entwickeln.

  • Hi!
    guter bericht.
    wir hatten meistens so an die 80 Stück, fast keine ausfälle.
    Am besten funtkioniert das mit einem Kreisel, der das Wasser gleichmäßig in den Kreisel pumpt (langsam), so drehen sie sich nur im Kreis und stossen nirgends an und häuten sich auch problemlos, die Metamorphose ist zwischen 3-4 wochen, die einen früher die anderen später, ist so wie bei der Fischzucht, es sind immer kleinere dabei.

  • Hallo!


    Danke für das positive Feedback.


    Das mit der Umwandlungsdauer hat Geri ja eh schon beantwortet. Bei mir dauert es meistens eher länger, manche brauchen dann auch wieder deutlich länger als der Rest, was nicht sehr verwunderlich ist. Temperatur und Fütterung spielen natürlich auch eine Rolle.


    Gerri: wie hast du denn das mit dem Kreisel gemacht, wenn ich fragen darf? Würd mich wirklich interessieren.
    Leuchtet mir auch ein, dass so ein System die ideale Lösung ist.


    Lg, Stefan

  • Hi Stefan!
    Im nachzuchtenforum siehst du bei diesem Link unsere anlage http://www.ifmn.net/forum/thread.php?threadid=554
    bei uns hier ist sie auch unter Marktplatz irgendwo?????
    Wenn du dir das eine Becken ansiehst mit den Röhren, da sind oben Wasserzufuhrröhren montiert mit Löchern, so wird durch eine Pumpe Wasser gleichmäßig in den Kreislauf gebracht und durch Eheimabsperrhähne kann man das einstellen. ;)
    Rückwand der Röhre wird ein Filter eingesetzt.
    Dadurch, das es in einem Becken ist, kann man dort Pumpe, Heizstab usw.. unterbringen

  • Hallo zusammen!


    Der Bericht von Stefan hat uns so gut gefallen, dass wir ihn mit seiner freundlichen Genehmigung in die Zuchtberichte der IFMN aufgenommen haben. Es wäre schade, wenn er in den Tiefen des Forums im Laufe der Zeit verschwinden würde. Herzlichen Dank Stefan, vielleicht nehmen sich ja noch einige ein Beispiel an dir ;) !


    Bei dieser Gelegenheit:
    Die Statistik sagt uns, dass über dieses Forum hier in etwa genau so viele Zugriffe auf die Seiten der IFMN erfolgen, wie über die großen deutschen Foren! Das bedeutet, dass hier eine weit überproportionale Anzahl an Aquarianern mit Zuchtinteresse oder –ambitionen vertreten ist (und damit meine ich nicht nur Profis wie Linda oder Geri!). Ich denke, das ist ein bemerkenswertes Qualitätsmerkmal für dieses Forum, denn solche Aquarianer beschäftigen sich in aller Regel vertieft mit den Bedürfnissen der Tiere und ihrem Wohlergehen.


    Gruß
    Wolfgang

    Die Aquaristik ist eine Liebhaberei, bei der die Liebe im Vordergrund stehen soll und nicht die Haberei!

  • Hi wolfgang!
    Danke für die Blumen, aber profi bin ich noch lange nicht, höchstens dann wenn ich alles nachziehen kann, was mir so im Kopf vorschwebt. :D


    Das letzte mal haben bei uns die Haliocheres viridis abgelaicht und durch Zufall gesehen, leider fehlt es mir an Zeit, aber das ging so flott ab, das man mit dem Schauen nicht nachkommt und das unter Beleuchtung, ein faszinierendes Schauspiel, da kommst nicht einmal zum Pumpenabdrehen, ist der Vorgang auch schon vorbei. :rolleyes:
    eigentlich haben wir den 2. Hali erst seit 2 Monaten.
    Muß jetzt mehr aufpassen, den die Gefahr von aus dem Becken springen ist gegeben.