Lebende Steine, Kalkrotalgen, Filterfunktion

  • Hallo zusammen,


    Lebende Steine werden in unseren Aquarien ja neben dem Dekorativen vor allem zur biologischen Filterung eingesetzt.
    Dabei spielt hauptsächlich deren Vergangenheit und die dadurch entstandene Mikrostruktur eine Rolle.
    Einerseits bieten diese porösen Korallenskelette eine enorm große Oberfläche und damit Siedlungsfläche für aerobe Bakterienkolonien, vor allem aber begünstigt die Struktur anaerobe Zonen im Inneren in denen die Denitrifikation ablaufen kann.
    Da ich ein Becken ohne Abschäumer oder sonstigen Filter betreibe sind die Lebenden Steine und mein Bodengrund nicht nur wortwörtlich das Fundament und Rückgrat meines Beckens.


    Ich frage mich nun ob ein großflächiges Zuwachsen der Steine durch Kalkrotalgen, quasi ein Versiegeln der Oberfläche und damit ein Erschweren/Verhindern der Diffusion ins Innere der Steine eine negative Auswirkung auf die Filtereigenschaften der Steine nach sich ziehen wird.
    Möglicherweise mache ich mir hier auch unnötig Gedanken und Kalkrotalgen sind in ihrer Struktur ebenso durchlässig.


    Hat hier jemand Erfahrungen, fundiertes Wissen oder Quellen die sich damit befassen?


    LG,
    Florian

  • Servus,


    wenn Du den gesamten Aufbau aus LG machst, sollte das dann nicht das Problem sein, da die Algen ja hauptsächlich im belichteten Bereich des LG wachsen und alles andere ja eh frei lassen. Wichtig ist denke ich mir, dass Du einen eher luftigen Aufbau machst, sodaß zwar kein Licht hinkommt, aber die Strömung trotzdem noch brauchbar ist.


    lg

  • Hallo!


    Wenn du dir Sorgen machst, dann kaufe dir einen Seeigel, der frisst die Kalkrotalgen ab ;)

    lG Tom
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    Becken1: 180x70x65 Raumteiler
    3x Tunze Stream 6100/ Multicontroller /OSCI Motion
    4x Mars Aqua Led 165/102W ,130W DiY LED
    Abschäumer RE Mini Bubble King 200
    Schuran Jetstream 1


    Becken2: Trigon 350
    2x Tunze 6025
    1x Mars Aqua 300/188W
    Balling

  • Hallo Florian!


    Ich kann Deine Überlegungen nachvollziehen, aber Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen. Wie schon geschrieben, wachsen die Kalkrotalgen ja nur an den belichteten Stellen. Schon von daher kann keine Versiegelung passieren. Wenn Deine Kalkrotalgen gut wachsen, freu Dich. Die anaerobe Funktionsweise der Steine leidet darunter nicht.


    Lieben Gruß


    Harold

  • Hi


    Sorry wenn ich das so sage aber ihr unterliegt da einem Irrtum.
    Die Menge der Bakterien in einer Anlage richtet sich nach der verfügbaren Nährstoffmenge nicht nach der Oberfläche. Denitrifikation findet auch auf den offenen Oberflächen statt, es sind hierzu keine besonders porösen Steine oder Flächen nötig
    Unsere SPS Korallenanlagen die bis zum Anschlag mit Tieren vollstehen und bei denen in 3000 Liter auch mal 600 neue SPS eingesetzt werden haben weder Lebende Steine noch Sand als Deko oder Oberflächenvergrößerung.


    Daher ist es relativ unerheblich ob nun da ein paar Kalkalgen wachsen oder nicht. Bei Kalkalgen wird auf Dauer es das Problem entstehen das bei nährstoffarmen Becken der Stickstofftransport in die Tiefe der Steine nicht mehr klappt und es hier
    zur Sulfatatmung kommen kann.


    Gruss Claude

  • Hallo,


    ich halte auch die befürchtete dissimilatorische Sulfatreduktion ( an Stelle der Denitrifikation ) für äußerst unwahrscheinlich.


    Diese tritt erst bei Redoxwerten unter minus 70 mV auf und ist hauptsächlich ein Problem zB. in Schwefelnitratfiltern, Wodkafiltern oder im tiefen Sandbettfilter.



    LG Nimrod

    Aquarium Nr.1 : 200 cm x 70 cm x 70 cm ; Aquarium Nr. 2 : 95 cm x 80 cm x 70 cm ; Aquarium Nr. 3 : 120 cm x 40 cm x 50 cm
    " Leg` dich nicht mit Nimrod an " :tongue:
    " Als ich alle Antworten gefunden hatte, stellten sich die Fragen anders " ( Rida-Datenbank) :rolleyes: .


  • Hallo Harold,


    doch! :)


    Das Thema hatten wir damals in dem ich glaub von Bettina eröffneten Thread 'Was geschieht eigentlich mit den Bakterien?' Es liegt an der Struktur der Bakterienfilme, bei denen unter den 'richtigen' Bedingungen an der dem Wasser zugewandten Seite die Aerobier siedeln und darunter die Denitrifikanten, die ihren Sauerstoffbedarf aus der Aufspaltung des Nitrats decken.


    Diese Erklärung war für mich damals DAS Aha-Erlebnis. Denn ich hab nie verstanden, wie das Nitrat tief in die Poren des Gesteins dringen soll, wenn dort kein Wasseraustausch stattfindet und eben deshalb ein sauerstoffarmes Milieu herrscht.


    Seither bin ich Buddha :)


    Liebe Grüße
    Linda

  • Das Thema hatten wir damals in dem ich glaub von Bettina eröffneten Thread 'Was geschieht eigentlich mit den Bakterien?' Es liegt an der Struktur der Bakterienfilme, bei denen unter den 'richtigen' Bedingungen an der dem Wasser zugewandten Seite die Aerobier siedeln und darunter die Denitrifikanten, die ihren Sauerstoffbedarf aus der Aufspaltung des Nitrats decken.

    Hallo,


    das klingt nachvollziehbar - wirft aber jetzt wiederum die Frage auf, wie bzw. wieso dann ein DSB so funktioniert wie es das tut.


    Schöne Grüße,
    Florian

  • Hi Claude


    Naja ein Becken vollgestopft mit Korallen (verbraucher)und idR mit wenig Nährstoffeintrag, bedarf auch keiner grossen (de)nitrifikation(wobei auch viel siedlungsfläche durch Die Steine vorhanden ist,inkl frischer Bakterien).
    Das weisst du selber am besten das Verkaufsbecken etwas anderes sind als Heimaquarien, daher hinkt der Vergleich etwas.
    Ansonsten stimme ich dir voll zu!


    Meintest du Florians post mit dem DSB das es nicht funktioniert?
    Wenn ja, wieso sollte es langfristig nicht funktionieren?
    Was ist langfristig?
    Gerne auch in einem extra thread.


    Gruss eines langjahrigen DSB betreibers...

  • Hallo Claude,

    Die Menge der Bakterien in einer Anlage richtet sich nach der verfügbaren Nährstoffmenge nicht nach der Oberfläche. Denitrifikation findet auch auf den offenen Oberflächen statt, es sind hierzu keine besonders porösen Steine oder Flächen nötig


    wärest Du bitte so nett und würdest für diese wilde Theorie eine wissenschaftlich fundierte Grundlage angeben. Ich halte das, auch wenn es in wirklich kleinem Rahmen durchaus möglich ist, grundsätzlich für falsch. Lasse mich aber, wenn es wirklich wissenschaftlich bewiesen sein sollte, gerne eines besseren belehren.


    Was deine Anlage angeht, so natürlich, was soll denn in einer Korallenanlage auch für massive Belastung auftreten?


    Meiner Meinung nach sind Kalkrotalgen, die übrigens bis zu sehr geringen Lichtverhältnissen noch gut wachsen, wenn dann ein minimales Hindernis für die Durchströmung der Steine. Diese Durchströmung passiert derart langsam, dass hier ja keine Geschwindigkeit relevant ist. Durch die große (möglichst von höherem Bewuchs freie) Oberfläche wird aber trotzdem Volumen durch die engen Kapillare der Steine gefördert, wodurch die Bakterien im Inneren mit den nötigen Nährstoffen und Kohlenstoff versorgt werden können.


    Lg, Berny

    Becken 200x80x60, Aqua-Photon 3x250W HQI, 4x80W T5, 2x Tunze 6205+ 2x Tunze 6105, ATB Schäumer, ATK 6055,
    147kg Lebende Steine, GroTech HKR-150; Hailea Ultra Titan 2000 Cooler
    Standzeit 3.12.2008

  • wärest Du bitte so nett und würdest für diese wilde Theorie eine wissenschaftlich fundierte Grundlage angeben. Ich halte das, auch wenn es in wirklich kleinem Rahmen durchaus möglich ist, grundsätzlich für falsch. Lasse mich aber, wenn es wirklich wissenschaftlich bewiesen sein sollte, gerne eines besseren belehren.


    Hallo Berny,


    da fragst am Besten den Roland Lück, woher genau er seine Weisheit hat.


    Bin grad zufällig drüber gestolpert: http://www.riffaquaristik.at/forum/index.php?page=Thread&postID=202423. Falls der link nicht direkt dazu führt: Beitrag #41.


    Liebe Grüße
    Linda

  • Hallo!


    Zitat

    unter den 'richtigen' Bedingungen an der dem Wasser zugewandten Seite die Aerobier siedeln und darunter die Denitrifikanten


    Das war seinerzeit auch die Argumentation der Firma DUPLA (wer sich noch erinnern kann), als sie vehement für ihren Rieselfilter eintraten. Da gab es wortgewaltige Dispute mit Peter WILKENS (Wer den Namen des mittlerweile leider schon verstorbenen Urgesteins der Meeresaquaristik und Pioniers der Pflege von Wirbellosen noch kennt: Er war ein leidenschaftlicher Verfechter des Abschäumers und lehnte die Rieselfiltertechnik absolut ab.).


    Lieben Gruß


    Harold

  • Hallo Harold


    Und die ergebnisse des Rieselfilters kennen wir alle ;)


    Das es unter idealen bedingungen zu solchen konstelationen kommen kann, verstehe ich, aber das sind theoretische
    Laborwerte die wenig mit unsren Aquarien zu tun hat!
    Voraussetzung wäre wenig strömung und ein geringer Sauerstoffgehalt.

  • Hallo Berny


    Ich denke, der Aufbau von Biofilmen und dem in den meisten dargestellten Sauerstoffgradienten von oxisch zu anoxisch ist relativ evident


    Hier mal eine Präsentation mit entsprechenden Grafiken: https://www.uni-due.de/imperia…entre/biofilm_deutsch.pdf
    Oder Hier auf Seite 148: http://www.google.ch/url?sa=t&…bv.59930103,d.bGQ&cad=rja


    Und hier noch was für einen oder mehrere lange Winterabende ;-) : http://www.hypertextbookshop.c…03/contents/contents.html



    Grundsätzlich aber stark vereinfacht funktioniert das so: Die Bakterien auf der äusseren Schicht des Biofilms verbrauchen den Sauerstoff relativ schnell (Bsp.: Nitrifikanten). Dadurch nimmt der Sauerstoffgehalt je dicker der Biofilm ist gegen Innen mehr und mehr ab, bis nur noch anaerobe Verhältnisse vorherrschen. Dort findet dann die Denitrifikation statt. Nitrat wird hier von der äusseren Schicht nach innen transportiert und dient dort als Elektronenlieferant für den heterotrophen Stoffwechsel.


    Naturgemäss ist es enorm schwierig die Verhältnisse in Biofilmen in situ zu untersuchen. Neue Verfahren haben hier aber neue Erkenntnisse über den Aufbau und vor allem die enorme Wichtigkeit im Kontext der Rezyklierung von Nährstoffen in aquatischen Systemen geliefert.


    Lg Marco

    Honi soit qui mal y pense
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    60x60x40 Becken neu eingerichtet 22.01.14 (läuft seit Feb 2012), 2 Tunze Nano 6055 alle 6h im Wechsel, Maxspect Razor 120W 10000K 120°-Linsen & 2 7W AM Sunspots, ATB Nano Hang-On: Besatz primär Weichkorallen, einige LPS, Montiporas und Filtrierer. 2 Eviota nigriventris, 2 Lysmata boggesi, 1 Leander plumosus

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  • Hi


    Weiß jemand ob die an den Abbauvorgängen beteiligten Bakterien Geißeln haben? Das würde erklären, dass auch in Kapillaren es zu einer gewissen Strömung kommen kann. Im Übrigen denke ich (ceterum censeo), dass das, was wir über den Metabolismus des Meerwasseraquariums wissen, bestenfalls Faustregeln sind. Die ökologischen Zusammenhängen dürften derart komplex sein, dass wir immer nur Ausschnitte und Schematisierungen daraus kennen. Und wenn es schon sein kann, dass ein Schmetterlingsflügel in Hamburg einen Wirbelsturm in China verursachen kann, dann könnte u.U. nur das Eintauchen eines Fingers ins Aq der künftigen Entwicklung eine ganz andere Richtung geben.


    MfG.
    Wolfgang

  • Ja, Wolfgang,


    da bin ich ganz bei dir.


    Aber es ist schon ein guter Ansatz, das zu erkennen. Und zu versuchen, Erklärungen zu finden für andere Zugänge als die bisher als Evangelien verkauften Grundsätze.


    Liebe Grüße
    Linda