Ein kleiner Fisch machts spannend

  • Liebe Freunde!


    Heute möchte ich Euch eine Geschichte erzählen ... die Geschichte vom Silbrigen Schleimfisch Clinitrachus argentatus.



    Clinitrachus argentatus in meinem Aquarium

    Aquarienfoto & Copyright: Harold WEISS


    Im Juli dieses Jahres machte ich gemeinsam mit "meiner" Melitta Urlaub in Kroatien. Und zwar am FKK-Campingplatz Valalta in der Nähe der Stadt Rovinj. Wunderschön das ganze ... Sonne, Wind und Wasser auf blosser Haut ... eine mehr als harmonische Zeit mit meiner Liebsten ... und natürlich jede Menge schnorcheln und Tiere beobachten und fangen.


    Neben vielen verschiedenen Lebensräumen (Felsenküste, schlammige Lagune etc.) gab es noch einen sehr interessanten Bereich, den es sich zu beschnorcheln lohnte: eine schlichte Mauer - ins Meer hineingebaut, um die mehr oder weniger großen Boote und Yachten der Touristen vor den Unbillen des Meeres zu schützen. Eine ganz normale Hafenmauer also. Aber was für eine! Über und über bewachsen mit den fantastischten Tierchen - Austern, Miesmuscheln, Seescheiden, Schwämme, Röhrenwürmern, Seespinnen, Furchenkrebse. Dazwischen huschten jede Menge kleine Schleimfische herum und sahen mir genau zu, wenn ich mir die Mauer genau ansah. Außerdem wuchsen hier die schönsten Algen in großer Artenzahl.


    Einige dieser Algen hatten mir besonders angetan. Ich wollte einige von ihnen mitnehmen, um auszuprobieren, ob eine Aquarienkultur möglich wäre. Also löste ich ein Büschel behutsam von der Mauer, wobei ich darauf achtete, dass ich auch den Untergrund miterwischte, denn einfach losgerissene Algen haben keine Chance, im Aquarium weiterzuleben. Man muss immer danach trachten, noch festgewachsene Pflanzen mitzunehmen. Das losgelöste Büschel gab ich in einen Kübel und begab mich ans Trockene. Nachdem der Eimer einige Minuten gestanden war, blickte ich eher beiläufig noch einmal hinein und da fielen mir plötzlich auf, dass sich zwischen den Algen etwas bewegte. "Ha!", dachte ich, "da hab ich versehentlich etwas mitgenommen!" Ich schaute genauer hin. Das erste Tier, das sich mir zeigte, war die Zwergseespinne Acanthonyx lunula. Eine Krabbe, die nicht größer als 2 cm wird und die man immer wieder zwischen Algen entdecken kann.


    Aber da bewegte sich ja noch etwas! Schnell das Pflanzenbüschel auf die Seite geschoben und da saß am Boden des Kübels ein winzigkleiner Fisch. Ich traute meinen Augen nicht! Es war Clinitrachus argentatus, der Silbrige Schleimfisch! Dieser Fisch wird in einigen Mittelmeerbüchern beschrieben, ich hatte ihn allerdings noch nie vor die Augen bekommen. Er lebt extrem versteckt und farblich angepasst in flutenden Algen. Er schwimmt so gut wie nie frei sondern bewegt sich - mit den Bauchflossen "kletternd" - zwischen den "Blättern" der Algen. Na super! Jetzt war mein Jagdinstinkt geweckt. Sofort wieder ins Wasser und tatsächlich gelang es mir, noch zwei weitere Exemplare dieser Art zu erbeuten. Sofort brachte ich zu dem Bungalow, wo wir wohnten, und setzte sie dort in ein mit reichlich Pflanzen ausgestattetes Plexiglasaquarium. Die folgenden Tage überstanden die Fischlein unbeschadet und auch der Transport nach Österreich machte keine Probleme.


    Zu Hause angekommen, schien mir ein reich strukturiertes, mit vielen Algen durchwachsenes Aquarium mit 54 Litern Inhalt, das mit verschiedenen tropischen und Mittelmeertieren besetzt ist, am geeignetsten und nach kurzer Angleichung setzte ich die drei Zwerge hinein. So - ein paar Minuten sah ich sie noch. Da gelang mir auch obiges Foto. Dann suchten sie Deckung zwischen den Algen und waren verschwunden. Und blieben verschwunden. Natürlich schaute ich jeden Tag (und jede Nacht) ins Aquarium - nichts. Keine Spur von diesen seltenen Tieren. Ich war mir natürlich auch nicht sicher, ob die Fische überhaupt noch lebten. Vielleicht hatten sie die Umstellung doch nicht geschafft oder irgendein Faktor des Aquariums hatte ihnen nicht zugesagt. Schade ...


    Zwei Monate später - also im September - machte ich mich wieder einmal daran, den "Urwald" dieses Aquariums ein bisschen auszulichten. Vor allem eine Rotalge der Gattung Halymenia hatte sich reichlich vermehrt und schickte sich an, anderen Lebewesen Raum und Licht in zu starkem Ausmaß zu rauben. Also rupfte und zupfte ich herum. DEn einen oder anderen kleineren Stein nahm ich aus dem Aquarium, um die hartnäckigen Pflanzen besser entfernen zu können. Und da passierte es! Wieder hatte ich ein kleines Steinchen in der Hand und entfernte die roten Algen, da fiel plötzlich ein kleines Fischchen heraus. Ein Silbriger Schleimfisch! Glücklicherweise platschte er ins Aquarium, da ich den Stein darüber gehalten hatte. Er war komplett rot gefärbt - hatte also sichtlich die Färbung der Alge angenommen. Ich war glücklich. Das Tierchen war gut genährt und gesund. Eine Minute sah ich es, dann war es wieder verschwunden. Immerhin wußte ich jetzt, dass die Tiere noch lebten und dass es ihnen anscheinend gut ging.


    Bis heute - also Mitte November - hatte ich einmal noch das Glück, einen Clinitrachus in meinem Aquarium zu beobachten. Es war etwa vor einer Woche. Zeitig in der Früh machte ich mich daran, die Strömungspumpe zu reinigen. Um besser sehen zu können, schaltete ich das Licht, das normalerweise erst ab 10:00 Uhr zu leuchten beginnt, vorzeitig an. Und da saß - wie auf dem Foto mitten in der Gorgonie - wieder ein "Silberner". Er war etwas gewachsen und sah munter und zufrieden aus. Das plötzliche unerwartete Licht irritierte ihn sichtlich und ein paar Minuten später war er wieder untergetaucht.


    Ihr seht also, dass es sich bei Clinitrachus argentatus um einen sehr "spannenden" Aquarienfisch handelt. Man sieht ihn unter normalen Umständen genau NIE! Jetzt kann ich auch Rupert RIEDELS Aussage in seinem Buch "Fauna und Flora des Mittelmeeres (1983)" verstehen, der da schreibt: "Gut geeigneter, jedoch etwas langweiliger Aquarienfisch". Tatsächlich scheint die Haltung im Aquarium keine Probleme zu machen. Ähnlich wie wir es etwa von den Mandarinfischen kennen, dürfte es sich beim Silbrigen Schleimfisch um einen sogenannten Dauerfresser handeln, der beständig nach Kleinlebewesen sucht. Ob er auch Ersatzfutter annimmt, kann ich wegen der mangelnden, oben beschriebenen Beobachtungsmöglichkeiten nicht sagen. Mit Sicherheit ist dieser Fisch nicht für herkömmliche Aquarien geeignet und auch für die Pflege in kleinen Spezialbecken muss man schon so ein Freak wie ich sein, um daran Freude zu haben.


    Aber immerhin: Ich weiß, dass es meinen Fischen gut geht. Dass ich sie praktisch nie sehe ... nun, damit muss ich mich abfinden. Stolzes Präsentieren vor Besuchern kann ich mir abschminken. Aber zumindestens kann ich stolz davon erzählen :-).


    Lieben Gruß


    Harold

  • Hallo Buchautor,


    Es ist herrlich deinen Bericht zu lesen und Du solltest ein Buch schreiben. Ich würde dir sicher eines abkaufen. Mach weiter so und bitte jede Woche so einen Bericht.


    LG
    Alfred